Aufruf: Benzin- und Energiepreiserhöhungen, die Zeit des Handelns ist jetzt!


Marian
anarchismus.de

Wir befinden uns in der Vorphase zu einer großen Episode der Klassenkämpfe von unten. Der Krieg in der Ukraine verschärft die Krise des Systems, welche durch die Corona-Pandemie bereits angestoßen wurde. In diesen Tagen erleben wir eine starke Erhöhung der Lebensunterhaltskosten, allen voran vom Gas und Benzin Preis. Dies wird unsere Klasse nur bis zu einem gewissen Punkt mittragen. Wie lange es noch dauert, bis sich unsere Klasse im Angesicht dieser Situation erhebt, ist nicht klar zu sagen. Aber egal, ob es schon dieses Wochenende die ersten Mobilisierungen geben wird, die Woche danach oder erst in ein bis zwei Monaten. Die Preise werden immer weiter steigen und irgendwann wird den Leuten der Kragen platzen. Für uns als radikale Linke in Deutschland, für alle noch vorhandenen Kräfte, die sich als radikaler Teil dieser Gesellschaft begreifen, ist jetzt die Zeit gekommen, in dieser Sache zu handeln.

Zuallererst in unserem eigenen Interesse. In den letzten Jahrzehnten hat es wohl wenig vergleichbare Situationen gegeben, in der die gesamte Gesellschaft so unmittelbar die gleichen materiellen Verschlechterungen ertragen musste. Wir sind alle von dieser Situation betroffen, bei allen ist am Ende des Monats weniger Kohle im Portemonnaie. Ein guter Augenblick, um als Linke Klassenbewusstsein wiederzuentdecken, sich wieder selbst als Teil der Klasse zu begreifen und dementsprechend zu handeln.

Dann, weil die beschriebene Zuspitzung der materiellen Verhältnisse, wie bereits geschrieben, die Menschen früher oder später auf die Straße treiben wird. Wenn wir Teil dieser Mobilisierung sein wollen und das sollten wir um jeden Preis, müssen wir uns jetzt nicht nur vorbereiten, sondern im besten Fall die ersten Initiativen selbst setzen. Zu oft wurde die letzten Jahre immer wieder bemängelt, dass die Linke zu spät oder gar nicht zu zentralen gesellschaftlichen Entwicklungen gehandelt hat. Wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir erneut Zaungast sein, wird erneut eine Welle von Menschen, die sich das erste Mal in ihrem Leben die Straße nehmen, an uns vorbeirauschen. Wohin diese Welle sich dann ergießen wird, wenn wir in diesen kommenden Kämpfen keine wichtige Rolle spielen, können wir uns alle selbst ausmalen. Die politische Rechte hat bereits begonnen, das Thema in ihrem Sinne aufzugreifen. Möchten wir es wirklich sehen, dass nach den Protesten gegen die Maßnahmen, welche von Rechts dominiert wurden, die nächste Massenbewegung in den Fängen der politischen Rechten endet?

Besonders dramatisch ist diese Vorstellung im Angesicht dessen, dass hier das Potenzial zur Eskalation mit der aktuell einzig verbliebenen linken Massenbewegung, der Klimabewegung, besteht. Wir befinden uns bereits in einem Zustand wo soziale Themen gegen Klimathemen in einen Konflikt gestellt werden und andersherum. Es gibt bereits einen realen Graben zwischen z.B. der Arbeiter*innenschaft die Tag für Tag auf das Auto angewiesen ist um eben zur Arbeit und wieder nach Hause zu kommen und den oftmals kleinbürgerlichen Klimaaktivist*innen die eben diese dafür verurteilen. Dieser Konflikt wird in mancherlei Hinsicht künstlich herbeiphantasiert durch z.B. die politische Rechte oder die Springerpresse. Es gibt aber auch reale Konfliktlinien, wenn wir uns die materiellen Interessen der Klasse auf der einen Seite und einer Grünen Partei mit ihrer oft beschrienen „Verbotspolitik“ von oben auf der anderen Seite anschauen.

Wenn die Klimagerechtigkeitsbewegung es in dieser Situation nicht schafft, den Klimakampf mit dem Kampf gegen die Preiserhöhung zu verbinden. Sondern es im schlimmsten Fall sogar noch feiert das ja jetzt die Benzinpreise steigen und damit die Leute sich vom Auto weg entwickeln würden, nun dann haben wir den Kampf um unser Klima bereits verloren. Immerhin können wir nur mit einem Großteil der Gesellschaft zusammen die Klimakatastrophe aufhalten.

In diesem Sinne müssen wir also klarstellen: Die Herrschenden tragen die von ihnen verschuldete Krise auf unseren Rücken aus. Sie und ihre Konzerne zerstören unsere Umwelt, führen blutige Kriege, ruinieren unser Gesundheitssystem, verlängern eine Pandemie durch Patentschutz und treiben so große Teile unserer Gesellschaft in einen Strudel der Verelendung. Das alles sollen wir jetzt bezahlen? Weil sie sich auf großer Weltbühne verzockt haben und wir uns jetzt wieder im Krieg mit unseren Geschwistern befinden, sollen wir dafür zahlen?

Scheiße ja es ist Zeit für Linken Populismus. Es geht um die da oben und darum ist auch schon immer gegangen. Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten und genau das müssen wir auch in die Bevölkerung tragen. Wenn uns dies in der folgenden Periode der Kämpfe nicht gelingt, ist es gut möglich, dass die Linke endgültig in der gesellschaftlichen Isolation und Bedeutungslosigkeit verschwinden. Aber dazu muss es nicht kommen. Noch haben wir die Chance es besser zu machen, als damals bei Occupy, bei den Montagsmahnwachen, bei den Gelbwesten oder bei den Protesten gegen die katastrophale Corona-Politik.

Lasst uns jetzt zusammenstehen, über Spektren grenzen hinweg. Alle Kräfte der sozialen Linken sollten sich jetzt zusammenreißen und zusammen gegen die Preiserhöhungen einstehen. Wenn es jemals eine Situation gab, in der wir den Menschen vermitteln konnten das die Linke die sozialen Antworten auf die Krisen dieses System hat und ein Sprachrohr für unsere Klasse ist, dann ist es jetzt.

Organisiert Kundgebungen, Demonstrationen, Aktionen … kommt ins Gespräch mit euren Nachbar*innen. Mobilisiert speziell an den Orten, wo die Menschen direkt die Folgen der Krise spüren, z.B. an Tankstellen. Geht neue, nicht ausgelatschte Wege, um mit den Menschen in Kontakt zu kommen.

Für eine Zukunft ohne Krisen. Verbreitet diesen Aufruf und werdet selbst aktiv.

Marian

Marian ist seit seiner Jugend in der anarchistischen Bewegung aktiv. Über die Jahre hat er alle Angebote die der Organisierte Anarchismus zu bieten hat abgeklappert von Anarchosyndikalistischer Jugend, Föderation deutschsprachiger Anarchist:innen bis die plattform - anarchakommunistische Föderation und aktuell noch Mitglied bei der Freien Arbeiter:innen Union. Lebens- und Kampfmittelpunkt ist Dortmund, dort an dem Aufbau und Entwicklung diverser wichtiger Projekte beteiligt, wie dem anarchistischen Zentrum Black Pigeon, dem anarchistischen Parkfest oder der anarchistischen 1. Mai Demonstration. Seit 2021 dann Umsetzung mit, dem Genossen Joshua, des Übertage Podcast und Teil vom anarchismus.de Kollektiv. Seit 2023 involviert in den Aufbau des Union Salon, ein neuer revolutionärer Nachbarschaftsraum in Dortmund.

Links: https://linktr.ee/uebertage

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