Interview mit Auf der Suche


anarchismus.de Kollektiv Auf Der Suche
Interview

1. Was ist Auf der Suche?

Wir sind ein Zusammenschluss von Menschen aus dem Raum Nürnberg. Wirstreben eine herrschaftsfreie, klassenlose Welt an, in der die Produktionsmittel vergesellschaftet werden. Eine Welt in der wir nicht mehr von Kapitalismus ausgebeutet werden und miteinander ohne patriarchale, rassistische oder andere unterdrückerische Verhaltensweisen uns bewegen können. Natürlich wissen wir, dass es bis dahin noch ein weiter weg ist. Doch wir wollen diesen Traum von jener Welt nicht aufgeben, deshalb versuchen wir uns konstant zu organisieren um Stück für Stück die Hindernisse, die einer befreiten Gesellschaft im Weg stehen, wegzuräumen.

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2. Seit wann gibt es eure Organisation und wo verortet ihr euch innerhalb der anarchistischen Bewegung?

Uns gibt es seit 2014. Als Gruppe sind wir in erster Linie Anhänger der anarchistischen Synthese. Das meint, dass bei uns verschiedene erkenntnistheoretische wie ideologische Ansichten Platz haben. Bisher hat diese Vielfältigkeit unsere Organisationsform eher bereichert. Der Dissens war nie so groß, das er unsere Praxis beeinflusst hätte. Durch diese Form der Organisation können wir viele Menschen vereinen, die auch an ihrer Unterschiedlichkeit gemeinsam wachsen können.

3. Welche Projekte verfolgt ihr grade und wie ist der Stand von diesen?

Gerade verfolgen wir relativ viele Projekte. Einer unserer Dauerbrenner ist gerade unser Freund Jan, der seit dem 15.September 2021 in der JVA Bayreuth einsitzt. In einem Schauprozess wurde er zu einer 15-monatigen Haftstrafe verurteilt. An ihm wurde ein politisches Exempel rund um die sozialen Kämpfe am Jamnitzer Platz in Nürnberg-Gostenhof statuiert. Gostenhof ist das Viertel in Nürnberg welches am stärksten von Gentrifizierung betroffen ist. Der Jamnitzer Platz wurde in den letzten Jahren zum Austragungsort von sozialen Kämpfen gegen Verdrängung und steigende Mieten. Jan wird vorgeworfen am Jamnitzer Platz die Polizei verbal bedroht zu haben. Das bizarre daran ist, das Jan an dem Tag nicht einmal vor Ort war. Wir haben einen Solikreis ins Leben berufen, unter jamnitzer.noblogs.org findet ihr mehr Infos.

Im Zuge der Repression und den Haftbedingungen, mit denen Jan konkret konfrontiert ist, haben wir begonnen, uns mehr mit dem Thema Knast und Knastkritik auseinanderzusetzen. Auch in Zukunft wird das ein Thema sein, mit dem wir uns beschäftigen, da wir es als unabdingbar empfinden, Knäste und Gefangene nicht isoliert von der Gesellschaft und der Linken zu sehen, sondern uns mit ihnen auseinanderzusetzen.

Des weiteren ist uns Feminismus noch ein sehr wichtiges Anliegen. Wir sind im 08. März Bündnis Nürnberg und im FLINTA* Komitee für einen feministischen Streik aktiv. Hier sind wir an der Durchführung von öffentlichen Aktionen wie Demos oder Kundgebungen beteiligt. Das Thema Streik interessiert uns allgemein, jedoch finden wir den feministischen Streikansatz insbesondere interessant. Hier versuchen wir auch Gemeinsamkeiten mit anderen zu finden und emanzipatorische Inhalte zu pushen. Falls es euch interessiert schaut gerne mal bei femstreiknbg.home.blog vorbei. Für uns bedeutet Feminismus aber auch selbst feministisch zu leben, d.h. bei uns selbst anzufangen, übergriffiges Verhalten von Genossen zu benennen, Reproduktionsarbeit umzuverteilen, etc.

Was uns noch beschäftigt ist das Thema Rassismus. Vor allem der Mord an Oury Jalloh durch die Polizei und die rechtsterroristischen Attentate von Hanau oder auch der NSU mit seinen drei Morden in Nürnberg. Immer wieder beteiligen wir uns bei Gedenkveranstaltungen oder Kundgebungen. Hierzu würden wir gerne in Zukunft noch mehr machen, aber es ist schwer, an allen Fronten zu kämpfen. Allgemein sind wir ja die letzten Jahre mit einem Rechtsruck konfrontiert. Bei der Bekämpfung der Auswüchse des Faschismus konzentrieren wir uns hauptsächlich auf das Hinterland und versuchen hier antifaschistischen Protest vor Ort zu unterstützen.

Ein großes Thema in den letzten zwei Jahren war außerdem unser Zuhause, das Projekt31, ein selbstverwaltetes Jugend- und Kulturzentrum aus dem Nürnberger Süden. Das Projekt31 ist auch von Gentrifizierungsprozessen betroffen und in seiner Existenz bedroht. Aktuell wurde aber eine Räumungsklage vor Gericht abgewehrt und der Verein kann erst einmal weitere vier Jahre in dem Haus bleiben.

In Zukunft wollen wir uns mehr mit dem Thema Klima auseinandersetzen und uns an Protesten beteiligen und natürlich noch viel, viel mehr!

4. Wie würdet ihr den Stand der anarchistischen Bewegung in Nürnberg und darüber hinaus einschätzen?

Es gibt neben uns noch eine Lokalgruppe der FAU, die bereits länger existiert und gerade einen Reorganisationsprozess durchläuft. Ansonsten gibt es in Bayern noch ein paar andere anarchistische Gruppen, die sich aber an einer Hand abzählen lassen. Zwar gibt es, wie wahrscheinlich überall, Menschen die sich als anarchistisch definieren, sich aber nicht organisieren. Das finden wir sehr schade und hoffen das sich dieses Situation perspektivisch verbessert.

5. Wie hat sich euer Projekt im Kontext der Corona Situation entwickelt?

Die Corona-Pandemie hatte auf unsere politische Praxis kaum Auswirkungen. Wir haben es immer geschafft, in dem Rahmen in dem wir uns befinden, handlungsfähig zu bleiben.

6. Kann man bei euch mitmachen und wenn ja wie?

Wir freuen uns immer über neue Menschen! Schreibt uns am besten eine Mail an aufdersuche@riseup.net und wir können in Kontakt treten. Außerdem veranstalten wir jeden 2. Dienstag im Monat ab 19 Uhr eine VAPCA (Veganes Essen gegen Spende) im Projekt31. Dort könnt ihr uns auch ansprechen.

Auf der Suche

Wir als Auf der Suche – Anarchistische Gruppe Nürnberg begreifen uns als Zusammenschluss von Menschen aus dem Großraum Nürnberg, verbunden durch die Ablehnung des kapitalistischen Gesamtsystems und seiner dadurch hervorgerufenen diskriminierenden Herrschaftsformen.

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