Anarchismus ist keine Jugendsünde!


Helge Doehring
Geschichte ASJ

Blog zur Geschichte der „Anarchosyndikalistischen Jugend“ (ASJ) im Großraum Stuttgart (1990-1993) wieder eröffnet.

Es gab kein Internet
Es gab keine Handys

stattdessen

Telefonzellen,
Fahrradmelder
und die ASJ!

Eine neue Gruppe betrat die politische Bühne. Sie sollte nicht nur die politische Landschaft Stuttgarts durcheinander wirbeln. Sie wurde auch zum Albtraum für den einen und anderen Neonazi.

„Wiedervereinigung“, Fußballweltmeister Deutschland, Asylunterkünfte brennen, Jagdszenen auf Punks, Linke, „Ausländer“ nahmen rasant zu. Straßenterror der Nazis gehörte Anfang der 1990er Jahre in fast allen Regionen Deutschlands zum Alltag.

Was half dagegen?

Schweigemärsche?
Lichterketten?

In Stuttgart wurde eine starke Neonaziszene von mehreren Dutzend Mitgliedern der „Anarchosyndikalistischen Jugend“ (ASJ) offensiv attackiert, ihre Veranstaltungen gesprengt, „ihre“ Discos und Treffpunkte auf dem Stadtfest aktiv aufgesucht. Es ging nicht nur um Selbstschutz, sondern auch darum, in Stuttgart Szenarien wie in Rostock-Lichtenhagen oder Hoyerswerda unmöglich zu machen. Und dies gelang durch Militanz in Bündnissen u.a. mit migrantischen Jugendgruppen. Darüber hinaus entfaltete die ASJ verschiedene anarchistische Aktivitäten, darunter eine Wahlboykottkampagne, 1. Mai-Demonstrationen, Proteste gegen den Golfkrieg, eine Hausbesetzung und einen erfolgreichen Streik.

Nunmehr 30 Jahre später geht es in diesem Blog darum, auch zwischen den Generationen ins Gespräch zu kommen, Perspektiven zu erarbeiten und Erfahrungen zu vermitteln. Denn die ASJ „verband die individuelle, persönliche Entwicklung mit dem kollektiven Kampf. Antrieb war der Wille zur Veränderung, die bei jedem selbst beginnt, aber die gemeinsame Aktion aller benötigt, um sich schließlich durchsetzen zu können.“

Helge Döhring

Helge Döhring, geb. 1972, Historiker und Literaturwissenschaftler, lebt in Bremen. Buchveröffentlichungen zur syndikalistischen und anarchistischen Arbeiterbewegung: „Syndikalismus in Deutschland 1914-1918“ (2013), zum „Anarcho-Syndikalismus in Deutschland 1933-1945“ (2013) und „Organisierter Anarchismus in Deutschland von 1918 bis 1933“ (drei Bände, 2018-2020), sowie zur „Syndikalistisch-Anarchistischen Jugend Deutschlands“ (2011), zu den „Schwarzen Scharen“ (2011); kommentierte Bibliographie zur syndikalistischen Presse in Deutschland (2010). Regionalstudien zum Syndikalismus für Bayern, Baden-Württemberg, Bremen, Ostpreußen, Schlesien und Schleswig-Holstein. Verfasser des Buches „Anarcho-Syndikalismus. Einführung in die Theorie und Geschichte einer internationalen sozialistischen Arbeiterbewegung“ (2017). Mitarbeiter und Mitbegründer des Instituts für Syndikalismusforschung und Mitherausgeber des Jahrbuchs „Syfo – Forschung&Bewegung“.

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